Als ich morgens so gegen 5:00 Uhr mal kurz
aufwache und aus dem Fenster gucke, wundere ich mich etwas, denn das, was
ich sehe, kommt mir irgendwie bekannt vor: Das sieht hier doch genau wie
das Nürnberger Messegelände aus. Wieso ist Olaf – unser Busfahrer
– gerade dabei hier einen Parkplatz für den Bus zu suchen? Liegt der
Serenadenhof nicht mitten in der Innenstadt von Nürnberg?
Ich stehe rauf und gehe runter zu Olaf:
„Nein. Ich kann den Serenadenhof zwar gerade noch nicht finden, aber die
Adresse, die ich habe, ist eindeutig hier. Das muss hier irgendwo sein.“
Ich wundere mich etwas, denn hier, in der Nähe des Nürnberger
Messegeländes sind doch eigentlich nur die erdrückenden Riesenbauten,
die Hitler in seiner Zeit als wahnsinniger Diktator sich selbst zu Ehren
hat erbauen lassen: Die Ruinen des baulich an den Pergamonaltar angelehnten
Zeppelinfelds, auf dem 1933 – 1935 die Parteitage abgehalten wurden, und
das Platz für 70.000 Zuschauer bot, das Aufmarsch- und Demonstrationsgelände
Märzfeld und die 2 km lange und 60 m breite Große Straße,
auf der die Wehrmacht ihre Paraden abhielt, das Deutsche Stadion und nicht
zuletzt der nie komplett fertiggestellte hufeisenförmige Kongressbau,
in dem aus Anlass der Parteikongresse der NSDAP 50.000 – 60.000 Leute hätten
Platz finden sollen.
Und zwischen all dem soll der Serenadenhof
sein? Das kommt mir nicht nur ein wenig unwahrscheinlich, sondern auch
ziemlich beängstigend vor. In diese Kulisse soll heute ein fröhlicher
Abend mit den Drei ??? statt finden?!
Ich glaube es erst, als wir – mit Kerstins ortskundiger Hilfe – den Bus direkt vor einer Tür, über der das Wort Serenadenhof steht, geparkt haben.
Stromkabel oder Busmotor
Aber es ist ja noch früh, also lege
ich mich noch mal eine Weile schlafen.
Olaf und Holger haben währenddessen
gleich das erste Problem: Obwohl Holger mehrmals mit dem Serenadenhof telefoniert
und den dortigen Mitarbeiter gebeten hatte, ein Stromkabel für den
Bus bereit zu halten, ist dieses jetzt nirgends zu finden. Erst nach Ewigkeiten
entdecken die beiden das Kabel: In ca. 5 m Höhe hängt ein Stecker
aus der Wand! Holger macht sich auf die Suche nach einer Leite, kann aber
nirgends eine finden – an das Kabel ist also kein rankommen. Das ist extrem
ärgerlich, weil der Bus jetzt die ganze Zeit den Motor wird laufen
lassen müssen. Ist der Motor aus und hat der Bus keinen externen Strom
und essentielle Dinge wie die Klimaanlage (im Sommer) oder die Heizung
(im Winter) können nicht funktionieren. 5 oder 10 Minuten lang ist
das kein Problem, aber in diesem Bus sollen ja noch 11 Leute mehrere Stunden
schlafen – ohne Klimaanlage undenkbar!
Also bleibt der Motor an, Holger ärgert
sich und geht wieder schlafen.
...wenn die Abende immer länger werden...
So gegen 11:00 Uhr werden wir langsam alle
wach. Wie auf einer „Nightlinertour“ (wenn es keine Hotel gibt, sondern
wir alle im Bus übernachten) nicht anders zu erwarten, werden die
Abende immer länger. Meist fahren wir ja so gegen Mitternacht los
– die ersten gehen dann so zwischen 1:30 Uhr und 2:30 Uhr ins Bett, die
letzten... dazu kann ich nicht viel sagen, weil ich nie dazu gehöre,
aber es soll ja schon Tage gegeben haben, an denen die letzten ins Bett
gingen, als die ersten gerade wieder aufstanden... ;)
... innen hui!
Kalter Kaffee
Ich gehe in die Backstageräume und
suche mir einen Kaffee. „Mußt Du mal probieren, ob der schon schmeckt,“
warnt Joachim mich, „ich glaube, der ist noch nicht komplett durchgelaufen.“
– „Noch nicht? Hier sollte es doch schon seit Stunden Catering für
uns geben, oder?“ wundere ich mich.
Ja, hier läuft einiges etwas schief.
In der Tat war abgesprochen, dass ab 9:00 Uhr jemand hier ist und die Frühaufsteher
unter uns mit Kaffee und frischen Brötchen versorgt. Das kann definitiv
nicht der Fall gewesen sein, wenn der erste Kaffee jetzt (nach 11:00 Uhr)
noch nicht mal komplett durchgelaufen ist...
Auch von Brötchen und Aufstrich ist
noch nicht wirklich viel zu sehen.
Ich bin ja eh kein Frühstücker,
in sofern ist das mir persönlich ziemlich egal, aber es soll ja durchaus
Menschen geben, die beim ersten Sonnenstrahl auch gleich das erste Magenknurren
verspüren... Ärgerlich!
Nürnberger City vs. Nationalsozialismus-Museum
Langsam pulen sich auch die letzten aus
den Betten und kommen in den Cateringraum gewackelt. Zum Glück kommen
dann auch die Brötchen an, so dass keiner verhungern muß.
Die Frage: „Was machen wir jetzt mit dem
Tag?“ wird in die Runde gestellt. Kerstin und Conde werden hier bleiben
müssen. Heute können wir keine örtliche PA nutzen und in
den nächsten Stunden wird ein LKW von Vulkan (unserer Verleihfirma
für das komplette Equipment) erwartet, der dann ausgeladen werden
muß.
Oliver und Detlef sind die einzigen, die
gerne in die Nürnberger City fahren würden. Wir anderen würden
auch lieber hier bleiben und uns die Gegend um den Serenadenhof etwas genauer
angucken. Nicht zuletzt lockt gleich nebenan das Nationalsozialismus-Museum.
Also trennen sich unsere Wege.
Ich setze mich erst mal wieder in den Bus
und schreibe am Tourtagebuch von gestern.
Strampeln für die Kultur!
Als ich irgendwann gerade zwischen Bus und
Serenadenhof hin und her laufe, sehe ich jemanden auf einem Fahrrad ankommen.
Ich hoffe den ganzen Tag schon, dass ich jemanden finden werde, der mir
eine Weile sein Fahrrad leiht, denn ich würde mir die historische
Umgebung des Serenadenhofs gerne noch ein wenig gründlicher Ansehen,
aber so unendlich riesig, wie das hier alles ist, würde ich zu Fuß
Stunden dazu brauchen...
Ich frage den Typ also, ob ich mir eine
halbe Stunde sein Fahrrad leihen kann. Er wundert sich zwar etwas, schraubt
mir dann aber den Sattel ein Stück tiefer, warnt mich, dass ich keinen
Rücktritt habe und lässt mich losfahren.
Prunk-Bauten
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vom Prestige-Bau zum Mahnmal
Es ist sehr gut, dass diese Mahnmale des
Nationalsozialismus auch heute noch erhalten sind, denn nur wenn man so
etwas wirklich mal mit eigenen Augen sieht, können auch wir Nachkriegskinder
noch die ganze Dimension des Schreckens, und das, was wir sonst nur aus
Geschichtsbüchern kennen, begreifen.
Interessante & nützliche Infotafeln:
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Museum vs. Tretboot vs. Biergarten
Dankend gebe ich das Fahrrad wieder ab und
überlege gerade, ob ich mir jetzt auch noch das Museum angucken soll,
als ich Steffen (Rabe von A.S.S. – derjenige, der ja die ganzen Termine
gebucht hat) auf der Bühne stehen sehe! Wie nett!
Dann können wir den weiteren Nachmittag
ja auch gemeinsam gestalten. „Ins Museum gehen? Auf dem See nebenan Tretboot
fahren? Oder – auf der anderen Seite des Sees – in den Biergarten gehen
und ein wenig chillen? Wir entscheiden uns fürs Chillen. Holger kommt
auch mit, später gesellen sich auch noch Peter und der inzwischen
aus der Stadt zurück gekommene Detlef zu uns.
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Anreise mit Bus... und mit Bahn!
Erst kurz vor 17:00 Uhr – rechtzeitig zum
Soundcheck – gehen wir alle wieder zurück.
Kerstin, Conde und die Vulkanier waren inzwischen
sehr fleißig und alles steht bereit. Auch unsere Bahnreisenden kommen
gerade an – dann kann’s ja losgehen.
Nach dem kurzen Soundcheck gibt’s für Oliver und Jens noch ein paar Pressetermine – Andreas kann leider nicht mit machen, weil er etwas im Hotel vergessen hat und noch mal zurück muss.
Beneath the remains
über die Mentalität der Franken
Wieder zurück im Serenadenhof und kurz
vor Beginn der Show werde ich gebeten, eine Ansage zu machen und die Leute
zu bitten, auf die teilweise in der Mitte der Reihen noch freien Plätze
aufzurücken. Wir sind auch heute wieder komplett ausverkauft, so dass
jeder Stuhl gebraucht wird und nicht nur als Jackenablageplatz genutzt
werden kann. Die Reaktion, die ich für diese Ansage von den Nürnbergern
bekomme, ist etwas erschreckend.... Normalerweise ist „unser“ Publikum
so erwartungs-gespannt, dass jeder, der nur einen einzigen Schritt auf
die Bühne tobt, von donnerndem Applaus empfangen wird. Heute hingegen
ernte ich für meine Ansage nur ein 1.000-kehliges unwilliges Brummen.
Nanu? War das denn so schlimm, was ich da gerade gesagt habe?!
Auch hinter der Bühne sind alle über
diese Reaktion verwundert. Was ist hier los?! Haben die keine Lust auf
die Show? Kerstin – selbst aus der weiteren Umgebung von Nürnberg
stammend – nimmt uns die Sorge: „Das sind Franken – die brauchen manchmal
eine Weile, bis sie richtig in Schwung kommen...“.
Na, dann man los!
ansteigende Stimmungskurve
Der erste Teil der Show ist dann wirklich
– von der Publikumsreaktion her – ziemlich verhalten. Kleine Lacher, mal
ein bisschen Applaus, aber bei weitem nicht die tobende Menge, die die
Drei ??? sonst in aller Regel vor sich haben.
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Erst nach der Hälfte der Show kommen
die Franken so richtig in Schwung!
Das ist kein Wunder, denn auch auf der Bühne
herrscht mittlerweile so richtig Stimmung. Keine kann so genau sagen, woran
es liegt, aber besonders Andreas und Oliver bringen sich permanent gegenseitig
aus dem Konzept und zum Lachen!!! Aber auch Frauke, Jens und Joachim stehen
den beiden nicht nach! Manche Szenen, die normalerweise keine Minute dauern,
dauern heute 5 – 10 Minuten, bis sich endlich alle wieder so weit im Griff
haben, dass sie weiter spielen können!
Manchmal genügt ein einziges Wort,
um schon wieder alles umzuschmeißen... Wunderbar!!!
Besuch in der Garderobe
Nach der Show gibt’s für uns Backstage
dann noch ein warmes und recht leckeres Abendessen.
Wir warten, bis Kerstin, Conde und die Vulkanier
alles Equipment wieder verstaut haben und haben noch eine kleine Diskussion
mit dem einzigen Securitymenschen, der noch hier ist und irgendwann eine
kleine Horde von 40 – 50 Fans einfach zu uns in die Garderobe lässt.
So ist das ganz sicher nicht gedacht...
Stay tuned,
Corinna.
PS. Ich warne schon mal vor: Es kann ein
paar Tage dauern, bis ich über den heutigen Tag und die letzte Show
in Salzgitter etwas werde schreiben können. Ich fahre morgen nicht
gleich zurück nach Hamburg, sondern habe diese Woche Urlaub und fahre
erst mal zu meiner besten Freundin Katharina nach Berlin – ob ich dort
dazu kommen werde, gleich etwas zu schreiben, kann ich noch nicht versprechen...
Also: Geduld, bitte!